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Peter Stuker hat unzählige Mineralien auf Papier nachgebildet. Seine naturwissenschaftlich-künstlerischen Zeichnungen beeindrucken noch immer. Üblicher geworden ist jedoch die sogenannte Stacking-Fotografie, die Bilder mit unglaublicher Tiefenschärfe möglich macht. Wissenschaftlich gefragt sind heute zudem jene dank Computerprogrammen absolut exakten Darstellungen, die auch Kleinstmineralien beschreiben können. Dieses Jahr hätte Peter Stuker seinen 100. Geburtstag feiern können.

Zum «Mineralienlexikon der Schweiz» hat Peter Stuker eine Fülle von Zeichnungen beigesteuert. So etwa naturnahe Darstellungen von einem Phenakit-Doppelender, von tetragonalen Chernovit-Kristallen, von einem dicktafeligen Pyrrhotin oder von einem garbenförmigen Epidot-Aggregat. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Peter Stukers Zeichnungen erschienen aber nicht nur im «Mineralienlexikon», sondern auch in vielen Fachzeitschriften. Das Buch «Magie della natura – Geheimnisse der Natur – La magie de la nature – The magic of natur» versammelt ebenfalls eine grosse Anzahl von Zeichnungen. Herausgegeben wurde das Buch 2002 im Tessin, unter Mitarbeit unter anderem von Albert Wagner, einem Co-Autor des «Mineralienlexikons», dem vor Kurzem verstorbenen Franco Brughera, Agostino Quadrio und dem Club Cercatori di Minerali e Fossili Ticino CCMFT.

In dem Buch beschreibt Peter Stuker seine Arbeitsweise. Er habe fast ausschliesslich kleine bis kleinste Kristalle oder Micromount-Stüfchen gezeichnet. Der Grund: Sie seien kristallografisch besser und vor allem meist unbeschädigt. So konnte er reale Kristalle oder ganze Stufen mit den Mineralassoziationen nachbilden. Dann führt er weiter aus: «Zum Zeichnen benütze ich ein Wild-Stereomikroskop M4-Zeichenspiegel. Der Aufbau und die Funktion ist recht einfach: Ein halbdurchlässiger Spiegel – meist ein ein- und ausschaltbares Prisma – ermöglicht das Objekt und die Zeichenfläche über einen Umlenkspiegel gleichzeitig zu sehen.»

Weicher Bleistift

Mit einem feinen, weichen Bleistift hat Peter Stuker dann unmittelbar den Konturen der Kristalle nachzeichnen können. «Für mich hat sich ein 0.3 mm Pentel-Zeichenstift mit Härte 3 sehr gut bewährt. Wichtig ist dann die Anpassung der Helligkeiten von Objekt und Zeichenfläche. Ein regulierbarer Transformator für die Objektbeleuchtung und eine Tischlampe oder Tageslicht für die Zeichnung genügen im Allgemeinen. Durch das Beschatten des Objekts kann dieses völlig zum Verschwinden gebracht werden, so dass man nur noch die eben gemachte Zeichnung sieht.»

Auf diese Weise könne man während des Zeichnens zwischen dem Hervorheben des Objekts oder der Zeichnung variieren. Am Schluss zeichne er mit Tuschefüllern, ohne Mikroskop und Zeichenapparat, fertig. Hier also, ganz am Schluss, kam seine künstlerische Freiheit als wissenschaftlicher Zeichner am stärksten zur Geltung. Er habe dann auch mit einem Lineal seine «Strichsicherheit» unterstützt, was die Schärfe der Kristallformen merklich verbessert habe. «Wie weit man Schattierungen oder ähnliches vorzeichnen oder vorerst mit Tusche ausführen soll, hängt davon ab, wie gut man sich das Bild eingeprägt hat und wie gross das zeichnerische Geschick ist.» Und dann empfiehlt er in dem Buch:  «Möglichst viel frei zeichnen und am Schluss die gut getrocknete Tuschzeichnung mit einem weichen Radiergummi reinigen.» So also  kamen seine exakten, eindrücklichen und gleichzeitig künstlerisch wertvollen Zeichnungen zustande.

Computer-Programm

Peter Stuker, ausgebildet an der ETH Zürich, arbeitete als Dr. Ing. chem. während Jahren als Industriechemiker in Zofingen im Kanton Aargau. Die Freiheiten, die er sich als naturwissenschaftlicher Zeichner nahm, haben und wollen jene nicht, die Kristalle zum Beispiel goniometrisch vermessen und dann mit dem Computer zeichnen. Solche Zeichnungen hat etwa Stefan Graser ebenfalls zum «Mineralienlexikon der Schweiz» beigesteuert.  Auch im «Schweizer Strahler» zeigen wir immer wieder solche wissenschaftlich exakten Zeichnungen.

Philippe Roth etwa zeichnet kleinste Mineralien und beschreibt es so: «Wir geben zuerst die Gitterparameter und die Symmetrieklasse der zu zeichnenden Mineralart in ein Kristallzeichnungsprogramm ein. Entweder wurden die Kristallformen goniometrisch gemessen oder sie werden modelliert. Es geht dabei darum, den Kristall durch eine richtige Gewichtung seiner zugrundeliegenden Kristallformen nachzubilden. Wissenschaftlich richtig sind die Zeichnungen, weil die Winkel zwischen den einzelnen Flächen auf das Hundertstel Grad richtig sein werden. Ausserdem können die Kristallformen und -flächen identifiziert und durch ihre Miller-Indizes bezeichnet werden.»

Gestapelte Fotos

Wichtig geworden sind für die Mineralieninteressierten auch die erstaunlichen Fotos, die das digitale Fotografieren möglich macht. Heute können auch kleinste Mineralien in perfekter Schärfe dargestellt werden. Bei der sogenannten Stacking-Fotografie oder Focus Stacking werden Fotos «gestapelt». Dabei wird ein Motiv am nächsten Punkt zum Objektiv scharfgestellt. Danach fährt man die Kamera, die auf einem Schlitten montiert ist, systematisch Schritt für Schritt nach vorne. Bei jeder neuen Einstellung wird eine Aufnahme gemacht.

«Ich persönlich verschiebe die Kamera über ein Gewindegetriebe von Hand, andere arbeiten mit einem Schrittmotor. Die Aufnahmeserie ist beendet, sobald man beim hintersten Punkt, der scharf abgebildet werden muss, angelangt ist», sagt Thomas Schüpbach, dessen Fotos seit Jahren den «Schweizer Strahler» bereichern. Am Schluss werden die einzelnen Bilder mit einem speziellen Programm zu einer einzigen Fotografie zusammengerechnet. Thomas Schüpbach sagt dazu: «Bei diesem Prozess berücksichtigt das Programm jeweils nur die scharfen Partien der jeweiligen Aufnahme. Bei gewissen kleinen Kristallgruppen können es durchaus bis zu 30 Aufnahmen und mehr sein, die dann zu einem einzigen Bild zusammengefügt werden.»

Wie wird man den Mineralien am besten gerecht? Indem man sauber abzeichnet, exakt ausmisst, genau fotografisch abbildet? Oder indem man künstlerisch frei einen Kristall malt? Alle Darstellungsformen haben ihre Berechtigung, ganz nach Wunsch und Bedarf. Das gilt auch für Peter Stukers zeitlose und sehr naturnahen Zeichnungen.

(Schweizer Strahler, November 2020)